Startseite
Worte zur Kunst
Konzept
Grußworte

Konzerte
Ausstellungen
Kalender
Künstlerindex
Entdecken

Presse
Sponsoren
Organisation
Gästebuch
Feedback

"Artionale"-Eröffnung

Zu unscharf

Das Motto ist gar nicht schlecht. Unschärfe heißt es ganz knapp, und das berührt eine Sehnsucht in heutiger Gesellschaft, die misstrauisch ist gegenüber allem digital Abzählbaren und somit scheinbar konkret Klarem. Da ist doch noch mehr, flüstern uns Kunst und Religion gleichermaßen ein, etwas, was dazwischen liegt, was nicht ganz fassbar ist. Und dort beginnt das Menschsein erst ganz eigentlich. Und noch etwas fällt rückblickend auf: In der Kunst, in der Musik begann man über Formen der Unschärfe nachzudenken, als der Physiker Heisenberg seine berühmte Relation vorstellte, oder als soziologische Betrachtungen mit Wahrscheinlichkeiten operierten.

So war das erste Konzert der Artionale 2004 - eine sich über drei Wochen erstreckende Veranstaltungsserie in evangelischen Kirchen Münchens, die heuer zum dritten Mal stattfindet - in der Markuskirche gut mit Werken der sechziger Jahre gerüstet. Die Orgel, dieses wunderbar aus der Zeit gefallene, anachronistische Instrument, war damals beliebtes Organ für schwirrende und wabernde Klänge, für rüdes Clustergebrüll und für wie im Sand verlaufende Geräusche, wenn die Windzufuhr abgestellt wurde und die Orgel wie ersterbend auf dem letztem Loch beziehungsweise auf der letzten Pfeife bläst. György Ligeti, Bent Hambräus, auch Marek Kopelent, gespielt von Kirchenmusikdirektor Holger Boenstedt, bildeten den Rahmen für eine Tanz-Sound- Video-Uraufführung: "landscape. . . according. . . to us", eine Etüde zu einem Dialog mit dem Selbst.

Nun ja. Aufregend war es nicht gerade, was hier Martina Veh (Konzeption, Regie) sowie Hans Wolf und Gerd Kötter (Klangdesign) boten. Eine Tänzerin und eine Schauspielerin/Sängerin (Bettina Theil, Astrid Luise Warnken-Friedrich) agierten zu einer Videoprojektion ihrer selbst, Virtualität und Realität wurde wieder mit der Kamera eingefangen, was für den nächsten Durchlauf zu vermehrter Virtualität führte. Das lässt sich beliebig oft fortsetzen. Mit der Information wächst die Unschärfe. Man verstand, das Rätsel aber, Ingredienz jeglichen künstlerischen Tuns, blieb aus.

REINHARD SCHULZ - Süddeutsche Zeitung 8.10.2004

---------------------------------------

Versehentlich haben wir in unserem Vorbericht auf die Artionale am Mittwoch falsche Öffnungszeiten für die Fotoinstallationen in Münchner Kirchen angegeben .Sie sind bis 31. Oktober täglich von 10-20 Uhr zugänglich. SZ