Grußworte 2011
dazwischen liegt, was eine Reihe unterbricht. Der Ort der Religion ist die Unterbrechung, sagt der Theologe Friedrich Schleiermacher. Dort wo in Gottesdienst und Kult gefeiert wird, kommt es zur Unterbrechung des Alltags. Diese Außeralltäglichkeit gehört zur Religion.
Nur wo der alltägliche Gedankenfluss aussetzt, die Zersplitterung des Alltags und die Fülle an Rollenzwängen zurücktreten, wird ein anderer Zustand des Lebens erfahrbar und das ganze, ungeteilte Dasein bewusst. Das Dazwischen ist Ort der inneren Sammlung im Glauben.
dazwischen ist auch Charakter der Kunst. Auch die Kunst tanzt aus der Reihe. Wo man Kunst begegnet, wird Normales außer Kraft gesetzt. Oper und Museum stehen für Außeralltäglichkeit wie Kirchen und Kapellen. Unterbrechung ist Berührungspunkt von Kunsterleben und Religion.
Die fünfte Münchener artionale hat das Thema dazwischen. Die Veranstalter haben mit diesem kurzen Adverbial ein zugleich assoziationsreiches wie tiefsinniges Thema gewählt, das Kunst und Kirche, Kulturschaffende und neugierige, interessierte Gäste und Zuschauer in Dialog bringt.
Ich wünsche der artionale 2011 großen Zulauf, jedem Kunstfreund neue Eindrücke christlich-künstlerischer Art und viel begeisterndes, gelegentlich durchaus auch ekstatisch-außeralltägliches Dazwischen.
Susanne Breit-Keßler
Regionalbischöfin
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dazwischen ist das Thema der artionale 2011, zu der die evangelische Kirche nun bereits zum fünften Mal einlädt und ihre Räume in der Region München für Neue Musik und zeitgenössische Bildende Kunst öffnet.
dazwischen meint dabei nicht das Nichts zwischen den Stühlen, sondern ganz im Gegenteil das greifbar Verbindende zwischen den Dingen, das, was sie zusammenhält. Gründe, danach zu suchen, gibt es mehr als genug: für jeden Einzelnen ebenso wie für unsere Stadtgesellschaft im Großen und nicht zuletzt die Weltgemeinschaft im Ganzen.
In jedem Fall verspricht die artionale 2011 dazu auch heuer wieder spannende künstlerische Positionen und neue Sichtweisen, die anregen und zu Diskussionen Anlass geben werden. Sehr gerne habe ich daher wieder gemeinsam mit Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler die Schirmherrschaft über die artionale übernommen und wünsche dem breit gefächerten Veranstaltungsprogramm aus Ausstellungen, Konzerten, Kunstgottesdiensten und Diskussionsrunden große Resonanz beim Publikum und einen erfolgreichen Verlauf.
Christian Ude
Oberbürgermeister der Landeshauptstadt München
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„Wer bin ich? Bin ich das wirklich, was andere von mir sagen? Oder bin ich nur das, was ich selbst von mir weiß?“ fragte Dietrich Bonhoeffer in einem Gedicht und beschreibt damit die Unbestimmtheit der eigenen Identität. Gelten die Zuschreibungen von außen, von anderen Menschen? Oder gilt das eigene Bild? Oder liegt die Wahrheit dazwischen? dazwischen – das ist das Thema der artionale 2011.
dazwischen, das kann auch die Auflösung festgefügter und eherner Regeln bedeuten, und das führt zur Verunsicherung. Was gilt? Wer bestimmt die Regeln? Wer hat das Sagen? Es gibt gerade nicht mehr Schwarz oder Weiß, Oben oder Unten. Fremdheit und Entfremdung machen sich breit. Die Auseinandersetzung mit einer solchen Bedrohung nimmt die Auflösung gängiger und vertrauter Lebensmuster und Welterklärungen auf.
Die artionale 2011 fordert uns heraus, das Dazwischen in verschiedensten Formen zu erleben. Die Ausstellungen und Konzerte laden dazu ein, sich auf die Suche nach den Zwischenräumen und -tönen zu machen, um die irdische Spannung auszuhalten und zu gestalten. Bonhoeffer wusste sich geborgen in Gott, wenn er am Ende des Gedichtes schreibt: „Wer ich auch bin, du kennst mich, Dein bin ich, o Gott.“ Ich freue mich, dass elf Kirchengemeinden und Einrichtungen gemeinsam mit engagierten Künstlerinnen und Künstlern die Zwischenräume füllen, und wünsche allen Besucherinnen und Besuchern geistreiche Begegnungen.
Barbara Kittelberger
Stadtdekanin